Tschuhajstrs Tanz (Jugendbuch)

 

 

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„Oma, Oma, und ist der Tschuhajstr groß?“, fragt Wasko.

„Die sind ganz unterschiedlich.“

„Größer als … als ein Elefant?“

„Vielleicht, ja. Obwohl ich noch nie einen Elefanten gesehen habe, Kinder.“

„Und einen Tschuhajstr hast du gesehen?!“ Wir springen auf.

„Ach was. Ich erzähle euch auch nur das, was die Leute so erzählen.“

„Oma, Oma, und wer ist stärker, ein Elefant oder ein Tschuhajstr?“ Wasko gibt keine Ruhe, er ist nämlich gerade im Zoo gewesen und vergleicht nun schon seit zwei Wochen alles mit einem Elefanten und misst alles in Elefanten. Irgendwie hat er sogar festgestellt, dass Papas Auto eine halbe Elefantenstärke hat.

„Was für eine blöde Frage“, unterbreche ich ihn. „Oma soll lieber erzählen, wo man den Tschuhajstr finden kann.“

„Das weiß keiner“, antwortet Oma. „Aus freien Stücken findet oder sieht den Tschuhajstr eigentlich nie jemand. Er taucht immer dann auf, wenn irgendwem im Wald ein Unglück droht. Der Tschuhajstr beschützt die Menschen vor den Nymphen.“

„Und die Nymphen, sind die gruselig?“, unterbricht mein kleiner Bruder Oma schon wieder.

„Oh ja, und wie!“ Oma schlägt die Hände zusammen. „Von hinten. Aber von vorn sind sie ganz hübsch …“

„Und können die einen Elefanten besiegen?“

„Jetzt fängst du schon wieder mit deinem Elefanten an!“ Ich werde langsam böse. „Nun warte doch mal ab.“

„Also“, fährt Oma Maria fort, „die Nymphe verführt einen Menschen, lockt ihn ins Dickicht, aber da ist der Tschuhajstr schon zur Stelle. Er packt die Nymphe und zerreißt sie und dann grillt er sie über dem Feuer.“

„Igitt, ist das eklig.“ Ich verziehe das Gesicht, weil ich mir gerade eine böse, gegrillte Nymphe vorstelle. Ganz schwarz, mit versengten Haaren und Glubschaugen.

„Oma, kann ich was fragen?“, meldet sich Wasko.

„Wieder zu den Elefanten?“, fragt Oma lächelnd.

„Nein, nicht zu den Elefanten“, versichert Wasko.

„Na dann frag.“

„Salzt er die?“

„Wen?“

„Na die Nymphen.“

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Über das Buch

Lilja und ihr kleiner Bruder Wasko verbringen die Sommerferien bei ihrer Großmutter auf dem Dorf in den Karpaten. Den Tschuhajstr, ein Fabelwesen der karpatischen Sagenwelt, von dem niemand weiß, ob er mehr Mensch oder mehr Tier ist, kennen sie bisher nur aus den Erzählungen ihrer Großmutter. Bis sie ihm auf einem ihrer Streifzüge durch den Wald tatsächlich begegnen. Lilja und ihr Freund Iwanko wollen dem Tschuhajstr helfen, sich zurück in einen Menschen zu verwandeln. Wasko will auch helfen, aber die anderen beiden finden, dass er noch zu klein ist für so gefährliche Abenteuer. Schließlich gilt es unter anderem, dem Zauberer im Dorf seine Flöte zu entwenden und den bösen Feen nicht in die Arme zu laufen. Die Zeit drängt, da der Tschuhajstr drei Jahre, nachdem er verzaubert wurde, seinen richtigen Namen vergisst und ihm damit eine Rückkehr in die Welt der Menschen für immer versperrt ist. Saschko Dermanskyj ist ein in der Ukraine sehr beliebter und erfolgreicher Kinderbuchautor. Sein Buch Tschuhajstrs Tanz (2008, Neuauflage 2012) zeichnet sich durch einen spannenden Erzählstil, verbunden mit ukrainischem Lokalkolorit und mythischen Begebenheiten, aus.