Ich koche dir einen Borschtsch (Kinderbuch)

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„Doch, doch! Ich bin wirklich ein weiser Arzt und nicht einfach irgendeiner“, sagte da jemand.

Olesja sah sich um – das war die rote Rübe! Die stand stolz auf ihrem Beet, die Blätter in die Hüfte gestemmt, Löckchen auf der Stirn.

„Ich helfe bei Wunden und gegen Bauchschmerzen“, sagte sie. „Ich habe schon viele Kranke gesund gemacht.“

„Sieh mal einer an! Ein Arzt in unserem Garten!“, wunderte sich Olesja.

„Ich bin auch ein weiser Arzt, ich kann ganz verschiedene Krankheiten heilen“, ertönte es von einem anderen Beet. Der Kohl war beleidigt, weil er nicht gelobt wurde.

„Da haben wir ja schon den zweiten“, freute sich Olesja. „Gibt es denn hier vielleicht noch einen dritten Arzt?“

„Na klar“, antwortete die Möhre. „Ist denn etwa jemand besser für die Augen als ich? Natürlich nicht!“

„Und ich bin scharf wie ein Messer, deshalb haben die Wehwehchen alle Angst vor mir“, meldete sich die Zwiebel zu Wort.

„Von mir hilft sogar die Schale!“, rief die Bohne.

„Und mich habt ihr ganz vergessen? Ich helfe roh und gebraten“, sagte die Kartoffel stolz.

Olesja zählte – da waren es schon sechs. „Und die siebente bin ich, die Petersilie!“, ertönte ein dünnes Stimmchen aus dem Kräuterbeet. „Ich bin gut gegen Krankheit und gut für die Schönheit – ich kann sogar Sommersprossen bleichen!“

„Da haben wir ja schon alle weisen Ärzte“, freute sich Olesja. „Wenn wir jetzt noch einen finden, der so lala ist …“

Sie sah sich im Garten um und guckte sogar über den Zaun. Auf der anderen Seite, am Waldesrand, wuchs ein Steinpilz, groß wie ein Teller.

„Nehmt mich auch mit“, sagte er. „Ein kluger Arzt bin ich nicht gerade, mache aber das Essen so lecker und gut, dass es sogar den Kranken schmeckt.“

„Wunderbar!“ Olesja klatschte in die Hände. „Da haben wir auch den achten Arzt, den, der so lala ist. Dann kommt mal alle mit ins Haus!“

Mama sah sie und fragte:

„Was hast du denn da mitgebracht, Olesja? Soll ich einen Borschtsch kochen?“

„Ja genau, Mama. Das wird die Medizin für Iwas.“

Mama kochte also Borschtsch. Sie würfelte die rote Rübe – das war die erste Arznei, sie putzte die Bohnen – das war die zweite Arznei, dann gab sie Möhre, Kohl, Kartoffel und Petersilie dazu und dünstete die Zwiebel – fertig waren die sieben Arzneien. Der Steinpilz war als Medizin so lala, aber dafür duftete er!

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Über das Buch

Sirka Mensatjuk ist in der Ukraine vor allem für ihre Kunstmärchen bekannt und beliebt. Ihr neues Buch Ich koche dir einen Borschtsch (2012) ist ganz der ukrainischen Küche gewidmet. In den märchenhaften Geschichten, die sich um jeweils ein typisch ukrainisches Gericht ranken, erleben die Geschwister Olesja und Iwas allerlei spannende Abenteuer. Sie überlisten einen Drachen mit Brei, gehen zusammen mit einer Kartoffel auf Reisen, überzeugen eine Hexe, dass Warenyki viel besser schmecken als der kleine, blasse Iwas, entdecken ein Häuschen, das ganz aus Eierkuchen gemacht ist und bekommen Besuch von einer adeligen Erdbeere. Die einzelnen Kapitel sind in sich abgeschlossen und von zahlreichen lebendigen Dialogen durchsetzt. Die Motive der märchenhaft inszenierten Illustrationen erklären sich von selbst: Der ukrainische Speiseplan und seine Zutaten.